Die Rede des französischen Präsidenten vor dem Europaparlament verheißt nichts Gutes.
Leitartikel von Paweł Lisicki, Chefredakteur der einflussreichen konservativen polnischen Wochenzeitung Do Rzeczy, veröffentlicht in der Ausgabe vom 24. Januar 2022 unter dem Titel „‚Wszystko to wróży jak najgorzej‘. Macron i polskie złudzenia“ („‚All das verheißt nichts Gutes‘. Macron und die polnischen Illusionen“).
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Wer die aktuelle Definition des Prädikats „europäisch“ verstehen wollte, musste sich nur die Rede von Präsident Emmanuel Macron vor dem Europaparlament anlässlich des Beginns der französischen EU-Ratspräsidentschaft anhören. Neben den allgemeinen Banalitäten und der rhetorischen Watte, die so typisch für zeitgenössische Politiker sind, gab es dort auch etwas gehaltvollere Inhalte.
„Unser europäisches Aufbauwerk beruht auf drei großen Versprechungen. Ein Versprechen der Demokratie, die auf unserem Kontinent entstanden ist, die auf unserem Kontinent neu erfunden, neu begründet und in den letzten 70 Jahren neu belebt wurde. Ein Versprechen des Fortschritts, das von allen geteilt wird, und ein Versprechen des Friedens. Es hat ihr Versprechen sieben Jahrzehnte lang gehalten“.
Demokratie, Fortschritt und Frieden: Kommt Ihnen diese Rede bekannt vor? Zweifellos, denn es ist der charakteristische Stil liberaler Progressisten. Und wie immer sind diese Sprüche dazu da, die Heuchelei und Doppelzüngigkeit ihres Urhebers zu verschleiern. Dieser Mann, der von Demokratie spricht, hatte zunächst versprochen, dass es in Frankreich keine Impfpflicht geben würde, und verwandelte dann einige Monate später sein Land in eine geschlossene Krankenhausabteilung, die auf die Behandlung von Covid spezialisiert ist. Dieser Verteidiger der Demokratie verkündete, dass „nicht geimpfte Menschen keine Bürger sind“. Ich erwarte nun, dass er ihnen das Wahlrecht entziehe. Im Namen der Demokratie, versteht sich!
Vorerst will sich dieser französische Verfechter der Demokratie allerdings der Verteidigung der Rechtsstaatlichkeit widmen. Er sagte vor dem Europaparlament: „Im Grunde setzt sich die Idee fest, dass man, um effizienter zu sein, auf die Rechtsstaatlichkeit zurückkommen muss“, aber „das Ende der Rechtsstaatlichkeit ist ein Zeichen für die Rückkehr zu autoritären Regimen, zum Stottern unserer Geschichte“. Es ist nicht zu übersehen, dass während dieser Rede zwar keine konkreten Ländernamen genannt wurden, die „Verteidigung der Rechtsstaatlichkeit“ aber zweifellos Polen und Ungarn betreffen wird. Das ist zum Totlachen. Macron, dieses reine Produkt einer autoritären Oligarchie, stellt sich als Verteidiger der Demokratie auf. Das ist eine wahrhaft tragikomische Farce!