Nicht nur auf politischem, sondern auch auf wirtschaftlichem Gebiet wird in Brüssel – und in den gleichgeschalteten internationalen Medien – mit zweierlei Maß gemessen, wenn es um Ungarn geht. Dies geht aus einem Videointerview hervor, das vor einiger Zeit mit Dalibor Rohac aufgenommen wurde, der für das American Enterprise Institute die laufenden Prozesse in Ost- und Mittelteuropa und in der Europäischen Union beobachtete.
An einem Punkt der Diskussion stellte der Autor des Interviews – den wir nicht identifizieren konnten – Rohac die folgende Frage:
Wenn der ungarische Ministerpräsident nicht Viktor Orbán wäre, aber die gleichen Maßnahmen wie er ergreifen würde, welche Haltung könnte er dann von der Presse und der politischen Klasse in Europa erwarten?
Darauf antwortet Rohac zunächst: „– Die Medienelite und die europäischen Institutionen neigen dazu, politischen Akteuren, die sie auf ihrer Seite sehen, die Unschuldsvermutung zuzugestehen, selbst in Situationen, in denen die gleiche Unschuldsvermutung Orbán verweigert wird“ – woraufhin er das Beispiel des ehemaligen slowakischen Ministerpräsidenten Robert Fico anführt:
Auf dem Papier ein Sozialdemokrat, führte Fico eine vollkommen korrupte Regierung, aber sie betrachteten ihn trotzdem als einen der ihren, da er mit der Fraktion der Europäischen Sozialdemokraten im Parlament saß.
Um dann seine Überlegungen mit der Bemerkung zu ergänzen, dass „– Dennoch musste sich Fico nie mit so ungünstigen Brüsseler Reaktionen auseinandersetzen wie Viktor Orbán.“
Wenn jemand Orbán stürzen und die Sozialisten in Ungarn wieder an die Macht bringen könnte, wäre das meiner Meinung nach in Brüssel eine tiefe Erleichterung.
– so Rohac, der dann erklärt, wie er zu dieser Idee kommt:
Wir dürfen nicht vergessen, dass es 2010 Korruptionsskandale waren, die die Sozialisten zu Fall brachten, und dass auch die Spaltung der ungarischen Gesellschaft nicht erst seit Orbáns Machtantritt besteht.
Rohac spielt hier höchstwahrscheinlich auf die Tatsache an, dass, obwohl Brüssel die derzeitige ungarische Regierung ständig wegen Korruption schimpft und bestraft, sich die Kommission in Wirklichkeit nicht im Geringsten für das Ausmaß des tatsächlichen oder vermeintlichen Missbrauchs interessiert.