– Die neuesten Nachrichten aus Ungarn sind, dass Sie mit Ihren Kollegen als Wahlbeobachter durch das Land reisen. In welchem Rahmen führen Sie diese Tätigkeit aus?
– Die von mir geleitete Wahl- und Referendumsbeobachtungsmission wurde von der Organisation Ordo Iuris und der Universität Collegium Intermarium in Warschau vorbereitet und umfasst Partner aus Kroatien, Spanien, Bulgarien und der Ukraine im Rahmen unseres internationalen Netzwerks Allianz für das Gemeinwohl (englisch: Alliance for the Common Good, ACG). Aufgrund der Kriegssituation konnten unsere ukrainischen Kollegen nicht zu uns stoßen, aber sie waren an den Vorbereitungen beteiligt. Insgesamt sind wir achtzehn im Land. Wir kamen am 24. März an und wollen nach den Wahlen noch einige Tage bleiben. Dann werden wir unseren Abschlussbericht vorlegen.
– Das OSZE-Büro für demokratische Institutionen und Menschenrechte (englisch: ODIHR) hingegen hat bereits den Zwischenbericht seiner Wahlbeobachtungsmission in Ungarn veröffentlicht, einen Bericht, den Sie in einer Grundsatzerklärung kritisiert haben. Warum diese Kritik?
– Zum Zeitpunkt unserer Ankunft stand dieser Bericht bereits im Zentrum der Scharmützel der ungarischen Politik, während im Ausland verschiedene Kräfte sofort damit begannen, ihn als politische Waffe gegen Ungarn einzusetzen. Dies sollte nicht geschehen, da der Bericht, wenn er auf diese Weise verwendet wird, den ungarischen Wahlkampf beeinflusst – und das auch noch auf dem Höhepunkt der Schlacht. Darüber hinaus fasst der Bericht nicht nur die „Sorgen“ zusammen, die manche Menschen über das ungarische Wahlsystem haben, sondern er verstärkt diese Sorgen sogar noch. Schließlich verstößt der Bericht – und das ist der Aspekt, den wir am meisten kritisieren – gegen internationale Standards in Bezug auf Genauigkeit, Überprüfbarkeit und Neutralität.
– Könnten Sie einige Beispiele nennen?
– Um beispielsweise auf die Kinderschutzgesetze zu verweisen, die Gegenstand des bevorstehenden Referendums sind, werden die Namen der betreffenden Texte mit dem Prädikat „angeblich“ versehen – anstatt die offizielle Terminologie zu verwenden. In vielen Passagen werden die Quellen der vorgebrachten Kritik nicht genannt, und es fallen auch viele Passagen auf, in denen es versäumt wird, den Standpunkt der Regierungsparteien darzustellen. Kurz: Dieser Bericht übernimmt den Standpunkt der Opposition – er ist parteiisch. Ein ehrlicher Bericht – der die Meinungen der Beteiligten darstellen soll – muss beide Seiten zu Wort kommen lassen. Das Bild, das er von den Umständen, unter denen die Wahlkreise neu eingeteilt wurden, zeichnet, ist ein verzerrtes Bild, und ihre Behauptungen über die fehlende politische Ausgewogenheit in der Presse des Landes sind nicht belegt. All das erinnert eher an voreingenommenen Journalismus als an eine neutrale, auf Fakten basierende Bewertung.