– In der italienischen Politik sind Sie seit Jahren eine Schlüsselfigur im Kampf gegen den „Einheitsgedanken“. Wie lange läuft diese soziale Mobilisierung, die Sie leiten, schon, und welche sind ihre Werte?
– Es begann alles 2015, als die damalige Regierung die Legalisierung der gleichgeschlechtlichen Ehe vorschlug. Diese Initiative war bereits seit 2007 in Planung, sorgte aber anfangs für einen derartigen öffentlichen Aufschrei, dass die Regierung gezwungen wurde, sie zurückzuziehen. Acht Jahre später versuchten sie erneut, dass gleichgeschlechtliche Paare als eigenständige Familien anerkennen zu lassen. Eine solche Herangehensweise stößt auf Schwierigkeiten verschiedener Art; die Familie basiert nämlich nach der Definition in Artikel 29 der Verfassung der Italienischen Republik auf der natürlichen Ehe, d.h. der zwischen einer Frau und einem Mann geschlossenen Ehe. Die natürliche Familie eignet sich zur Zeugung, zur Fortpflanzung, zur Sicherung des Fortbestands einer Nation. Jede andere Beziehung, die ausschließlich auf Gefühlen beruht, aber natürlich für die Zeugung von Nachkommenschaft ungeeignet ist, kann weder annähernd noch im Entferntesten mit der traditionellen Familie verglichen werden. Dies sind die Grundwerte, um die sich eine Bewegung gebildet hat, die sich im Laufe der Jahre zu einer echten Gemeinschaft entwickelt hat. Ihr haben sich nicht nur Familien und zivilgesellschaftliche Organisationen angeschlossen, sondern auch Mitglieder der klerikalen Hierarchie und viele politische Gruppen. 2015 haben wir vor der Lateranbasilika in Rom und dann 2016 im Circus Maximus eine Veranstaltung namens Familientag organisiert, die anderthalb Millionen Menschen zusammenbrachte. Das Ziel dieser Massenmobilisierung war der Widerstand gegen eine ideologische Demagogie, die weder der italienischen Tradition noch dem Wertesystem und den Gefühlen der meisten Menschen entspricht.
– Welche Ergebnisse hat diese Mobilisierung erzielt?
– Es ist uns nicht gelungen, dem Druck einer gewissen Linken ein Ende zu setzen, die zur Bannerträgerin einer materialistischen und relativistischen Weltanschauung geworden ist. So konnten wir zum Beispiel die Legalisierung der gleichgeschlechtlichen Ehe leider nicht verhindern, aber es bildete sich eine mächtige Bürgerwiderstandsbewegung, die in der Lage war, bewusst und organisiert gegen die kulturellen und politischen Angriffe der Ideologen vorzugehen. Was den Verein zur Verteidigung der Familien, den Familientag, betrifft, so ist er zu einem wichtigen politischen Akteur geworden, zu einem unverzichtbaren Gesprächspartner, vor allem wenn die Diktatur des Einzeldenkens in den Vordergrund tritt. Die Debatte ist sehr zäh, denn die Gegner – die materialistischen Ideologen – verfügen über außerordentliche Macht. Wir betrachten jedoch die Verteidigung traditioneller Werte als unsere Berufung und unsere Pflicht.