Vor knapp einem Dreivierteljahrhundert, am 28. März 1946, hat die tschechoslowakische Nationalversammlung in Prag alle zwischen April und Oktober 1945 von Präsident Edvard Beneš erlassenen Dekrete in Kraft ratifiziert. Von den berüchtigten – insgesamt 143 – „Beneš-Dekreten“ betrafen dreizehn direkt und zwanzig indirekt die Ungarn und Deutschen Oberungarns [heute Slowakei], die eindeutig als Träger von Kollektivschuld bezeichnet wurden. Ihr Ziel war es, ihre gesamte Existenz – nicht nur als Bürger, sondern sogar als Mensch! – unmöglich zu machen, und zwar durch eine Reihe von Mitteln, die vom Verlust der Staatsbürgerschaft bis zur Deportation aus ihrer Heimat, vom Verbot des Gebrauchs ihrer Muttersprache bis zum Ausschluss aus Bildungs- und Kultureinrichtungen, von der Konfiszierung von Eigentum und Plünderung bis zu physischer Folter reichen. Und darüber hinaus. Um es noch deutlicher zu sagen: ein mehr oder weniger verschleiertes Völkermordprojekt, ein minutiös ausgearbeiteter Ausrottungsplan.
Wie Kálmán Janics – einer der ersten großen Autoren, die diesen Plan aufdeckten – in seinem 1979 in München erschienenen Buch „Die staatenlosen Jahre“ (A hontalanság évei) schrieb – mit einem Vorwort von Gyula Illyés! – Das Scheitern des Plans zur Liquidierung der ungarischen Minderheit lässt sich in erster Linie durch den Einfluss der Großmächte und – zu einem erheblichen Teil – durch Zufall erklären. „Edvard Beneš – der Liquidator“ – das ist der Titel, der zum Titel eines 2004 erschienenen dokumentarischen Romans wurde, mit dem ihre eigene Landsfrau Sidonia Dedina diesen politischen Verbrecher ersten Ranges, diesen Bastard ersten Ranges schmückte. (Zur Erinnerung: die Beneš-Dekrete sind bis heute in Kraft).
Kurz vor diesem fünfundsiebzigsten Jahrestag erklärte der slowakische Staatssekretär für auswärtige Angelegenheiten kürzlich, dass der Grund dafür, dass sein Land den Angehörigen der ungarischen Minderheit nicht erlaubt, den ungarischen Pass anzunehmen, darin liegt, dass dies zu ähnlichen Problemen wie in der Ostukraine, Südossetien und Abchasien führen würde. Nach Ansicht des ungarischen Außenministeriums ist diese Aussage eine Provokation: Die Ungarn als subversive Elemente, als Agenten der Destabilisierung darzustellen, ist für uns inakzeptabel. Genauso wenig kann es hingenommen werden, dass ein Staatsbeamter die Situation der Ungarn in Oberungarn mit den eingefrorenen Konflikten im Kaukasus vergleicht. Die Antwort: Der ungarische Botschafter in Pressburg wird ins slowakische Außenministerium zitiert, wo – ach, die alte Geschichte! – Ihm wird vorgeworfen, sich in die inneren Angelegenheiten der Slowakei eingemischt zu haben…